Franzl – der Riese. Zum 195. Todestages des größten Oberösterreichers.

Der PathoBlogger b

Artikel für Ärztemagazin 09.2012

Franz Winkelmeier wurde 1860 in der Gemeinde Lengau im oberösterreichischen Innviertel geboren. Franzl, wie ihn selbst der große Pathologe Rudolf Virchow nannte, begann mit 14 unaufhaltsam zu wachsen. Letztlich erreichte er im 21. Lebensjahr stattliche 2,58 m – Virchow publizierte ein Jahr zuvor allerdings noch 2.278m. Er war das letzte von 8 Kindern, den seine Mutter Elisabeth im 40. Lebensjahr auf die Welt brachte. Virchow verglich ihn mit dem irischen Riesen Murphy und seinem Landsmann Lentz, wobei Franzl der größte unter diesen war. Überdies war sein Körper auffallend wohl proportioniert, was nicht oft bei Menschen solcher Körpergröße zutrifft. Angeblich startete sein rasantes Wachstum nach einer Infektionskrankheit. Bekannterweise wird der Gigantismus aber durch eine Hypophysentumor ausgelöst, der durch eine Mutation im AIP-Gen (aryl hydrocarbon–interacting protein) verursacht wird. Diesbezüglich haben deutsche und britische Forscher einen weiteren irischen Riesen – Charles Byrne (auch bekannt als O’Brien) – aus dem Hunter Museum untersucht und diese Mutation identifizieren können. Ein weiterer hünenhafter Österreicher, der in Wien berühmt wurde, ist der sogenannte Barthsche Riese (2,35m), dessen Gebeinabguss im Wiener Narrenturm zu besichtigten ist. Im Jahr 1783 fanden sich bei der Auflösung des Friedhofs am Stephansplatz die Gebeine eines vermeintlichen türkischen Gefangenen aus der Zeit der Türkenbelagerung. Das rechte Hüftbein mit Femur und Tibia wurde vom Anatomen Joseph Barth im Museum untergebracht, allerdings wurden die echten Knochen im Weltkrieg durch einen Bombenangriff zerstört. Franz Winkelbauer – der Riese von Lengau – wurde wie alle anderen Riesen seiner Zeit zu einer Sensation und alsbald bereiste er viele Länder. Anlässlich des Thronjubiläums der britischen Königin Victoria wurde Franzl sogar dem europäischen Adel vorgestellt. Kaum in seine Heimat zurückgekehrt, ereilte ihn das gleiche Schicksal des frühen Todes wie viele andere Riesen. Er starb am 24. August 1887 an Lungentuberkulose. Zu seinem Gedenken errichtete die Gemeinde Lengau einen Themenweg, der am Geburtshaus und am Sterbeort vorbeiführt. Verschiedene Gedenktafeln am Weg schildern seine Lebensgeschichte. Am Ende sagte er zu seinen Brüdern: „Ich möchte in Lengau begraben sein, ich bitt‘ euch, dass ihr mich ja nicht verkauft.“ Sein Wunsch wurde erfüllt – in einer Nische, rechts neben dem Eingang, liegt der Franzl heute.

OÖ Riese Literatur

Mutations in the very low-density lipoprotein receptor VLDLR cause cerebellar hypoplasia
and quadrupedal locomotion in humans, 4232–4236 PNAS March 18, 2008 vol. 105 no. 11

Letter Reply: Genes and quadrupedal locomotion in humans, E26, PNAS / May 27, 2008 / vol. 105 / no. 21

Roland Sedivy (* 9. Mai 1963 in Wien) ist ein österreichischer Universitätsprofessor für Pathologie, Medizinrechtsexperte, Autor sowie Lebens- und Sozialberater. Sedivy war von 2007 bis 2016 Leiter der Klinischen Pathologie des Landesklinikums St. Pölten und bis 2019 stv. Chefarzt der Kantonspathologie Münsterlingen (Schweiz). Danach bis 2023 Vorstand des Instituts für Klinische Pathologie, Molekularpathologie und Mikrobiologie der Klinik Favoriten, dem früheren Kaiser Franz Josef-Spital, einem akademischen Lehrkrankenhaus der Medizinischen Universität Wien. Zeitgleich auch Vorstand des Institutes für Pathologie und Mikrobiologie der Klinik Landstraße (früher Rudolfstiftung). Außerdem war er von 2011 bis 2015 Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Klinische Pathologie und Molekularpathologie. Als Universitätsprofessor war Sedivy an der Danube Private University in Krems im Fach Allgemeine Pathologie und Oralpathologie und an der Karl Landsteiner Universität in St. Pölten für Klinische Pathologie tätig. Seit 2019 lehrt Sedivy an der Sigmund Freud PrivatUniversität in Wien und wurde 2023 auf den Lehrstuhl für Klinische Pathologie und Molekularpathologie berufen.