Der Schiller-Code oder die Faszination eines Rätsels

Berühmte Persönlichkeiten haben eine magische Strahlkraft, weit über deren Tod hinaus.

Insbesondere dann, wenn außergewöhnliches mit ihnen selbst oder deren säkularen Reliquien geschehen ist. Mag es Albert Einsteins Gehirn sein, dass ein Pathologe in der Besenkammerverwahrte oder der geraubte Schädel von Friedrich Schiller. Letzteres Rätsel erfuhr 2010 einen vorübergehenden Abschluss, nachdem DNA Untersuchungen der beiden Schiller Schädel diese als „unecht“ enttarnt wurden. Kaum zwei Jahre später ist es dem Chirurgen Wolfgang Hach ein Anliegen die Obduktionsbefunde einer neuen Interpretation zuzuführen. Dazu fast zeitgleich eröffnete eine Ausstellung in Stuttgart, die Schiller im Licht desphilosophischen Arztes zeigen soll. Überdies will das Museum für die Geschichte Hohenheims den Werdegang des medizinischen und literarischen Querdenkers darstellen.

Was geschah mit Schillers Schädel?

Zwei Skelette bzw. deren Schädel wurden zuletzt in der Fürstengruft zu Weimar aufbewahrt. Der eine, so genannten Schwabe-Schädel, den selbst Goethe höchstpersönlich lange bei sich verwahrte, hatte zwar eine verblüffende Ähnlichkeit mit Totenmasken, Büsten und Gemälden des Dichters, doch abschließend war er ebenso nicht authentisch wie der Froriep-Schädel. Letzterer wurde nach Zweifel an der Echtheit des Schwabe-Schädels bei einer erneuten Exhumierung aus dem Weimarer Kassengewölbe „entdeckt“. Es war zunächst der Weimarer Bürgermeister Schwabe, der den ersten Schädel1826 aus dem Massengrab im Kassengewölbe geholt hatte. Inmitten morscher Särge und verwesenden Leichen hatte Schwabeinsgesamt23 Schädelgeborgen, um schließlich kurzerhand den größten Totenkopf zum Dichterhaupt zu bestimmen. Der Mediziner August von Froriep grubhingegen1911erneutundpräsentierte„seinen“ auf anatomischen Kenntnissen erkannten Prominentenkopf, der als „Froriep-Schädel“ in die Geschichte einging. Zu guter Letzt wurden zwei renommierte Institut ein Jena und Innsbruck beauftragt durch Molekularbiologie eine Klärung herbeizuführen. Das Ergebnis: die DNA der Schädel aus dem Sarkophag der Fürstengruft stimmen weder mit der weiblichen noch mit der männlichen Linie der Schiller-Familie überein. Nun ist der Sarg leer.

Wer hat nun Schillers Schädelgeraubt? Unser österreichischer Pop Titan würde rufen: „Der Hofer war’s !“ Nein ! Franz Josef Gall wird nun verdächtigt, da er knapp vor Schillers Bestattung in Weimar war…und die Geschichte geht weiter…

Roland Sedivy (* 9. Mai 1963 in Wien) ist ein österreichischer Universitätsprofessor für Pathologie, Medizinrechtsexperte, Autor sowie Lebens- und Sozialberater. Sedivy war von 2007 bis 2016 Leiter der Klinischen Pathologie des Landesklinikums St. Pölten und bis 2019 stv. Chefarzt der Kantonspathologie Münsterlingen (Schweiz). Danach bis 2023 Vorstand des Instituts für Klinische Pathologie, Molekularpathologie und Mikrobiologie der Klinik Favoriten, dem früheren Kaiser Franz Josef-Spital, einem akademischen Lehrkrankenhaus der Medizinischen Universität Wien. Zeitgleich auch Vorstand des Institutes für Pathologie und Mikrobiologie der Klinik Landstraße (früher Rudolfstiftung). Außerdem war er von 2011 bis 2015 Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Klinische Pathologie und Molekularpathologie. Als Universitätsprofessor war Sedivy an der Danube Private University in Krems im Fach Allgemeine Pathologie und Oralpathologie und an der Karl Landsteiner Universität in St. Pölten für Klinische Pathologie tätig. Seit 2019 lehrt Sedivy an der Sigmund Freud PrivatUniversität in Wien und wurde 2023 auf den Lehrstuhl für Klinische Pathologie und Molekularpathologie berufen.