„Die Zahl der klinischen Autopsien befindet sich im freien Fall“

Gesundheitswirtschaft.at, 7.Dezember 2023, Autor Josef Ruhaltinger, Fotoquelle Rebibo

Herr Sedivy, in Ihrem Buch „Totenschau“ sezieren Sie – unter anderem – das Ableben historischer Persönlichkeiten. Welcher Fall hat Sie aus Sicht des Pathologen am meisten interessiert?
Roland Sedivy: Als gelernter Österreicher habe ich die Akten zum Tod der Kaiserin Elisabeth sehr intensiv studiert. Es gibt ja die Mär, dass der Stich von Luigi Lucheni am Mieder abgelenkt und verdeckt worden sei. Das ist Unsinn. Der Stich mit der Feile befand sich in Höhe des Dekolletés, genau gesagt 11 Zentimeter unter dem rechten Schlüsselbein und 11 cm rechts vom Brustbein – also relativ hoch im Bereich des Oberkörpers – von Bauchstich oder einer seitlichen Attacke ist da keine Spur. Der Attentäter ist nach Beschreibungen von anwesenden Hofdamen auf die Kaiserin zugelaufen und hat mit einem leichten Sprung von oben nach unten zugestochen. Diese Erzählung lässt sich anhand der Befunde sehr genau nachvollziehen. Das macht für mich den Gehalt eines Autopsiebefundes aus.

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