Münchner Bierherz – 170 Jahre Otto Bollinger

Der PathoBlogger

Ärztemagazin 02.2013

Jeder von uns Ärzten kennt es zumindestens noch aus der Pathologievorlesung: das Münchner Bierherz oder auch auf gut bayrisch das „Wies’nherz“. Doch kennen Sie auch dessen Erstbeschreiber und die Geschichte dahinter ? Die Publikation zur toxischen Cardiomyopathie stammt aus den Jahren 1884 in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift und 1886 als Monografie mit dem Titel „Über die idiopathische Hypertrophie und Dilatation des Herzens“ von Otto Bollinger. Der Münchner Pathologe konnte in 42 Fällen von insgesamt 1500 Sektionen eine deutliche und überdurchschnittliche Erhöhung des Herzgewichtes mit 535 Gramm feststellen. Da es sich mehrheitlich um Männer Mitte 40 handelte, die sehr kräftig gebaut und wohlernährt waren, kommt Bollinger in diesen Untersuchungen zum Schluss, dass deren Herztod „nur erklärt werden kann aus den Wirkungen des habituellen Uebermaasses im Biergenuss…“. Dazu berichtet er, dass die Brauburschen von den hiesigen Brauereien 1kg Fleisch und 8 ! Liter Bier als Tagesration zur Verfügung erhielten ! So müsse also der Alkohol und die Menge an Flüssigkeit zu dieser Gewichtszunahme und der Dilatation des Herzens geführt haben. Allerdings waren neben den Bierkutschern auch Berufe wie Metzgergehilfen, Maurer, Schenkkellner oder auch ein Eisenbahnconducteur, vertreten. Heute ist das Münchner Bierherz quasi globalisiert und ubiqitär, doch auch das analoge Tübinger Weinherz hat ebenso in die Lehrbuchliteratur Eingang gefunden. Als ursächlich für diese klassische sekundäre Cardiomyopathie gelten heute neben dem Alkoholismus eine Reihe von Medikamenten. Der Mann hinter diesem Befund hieß Otto Ritter von Bollinger und wurde am 2. April 1843 in Altenkirchen in der Pfalz geboren – also vor bald 170 Jahren. Er studierte in München Medizin, wobei er sowohl bei den seinerzeitigen Pathologiegrößen Rokitansky, als auch bei Virchow zu Studienaufenthalten war. 1874 wurde er zum Professor für Allgemeine Pathologie, Pathologische Anatomie und Pathologische Histologie an der Zentraltierarzneischule und gleichzeitig zum außerordentlichen Professor für Vergleichende Pathologie an der Medizinischen Fakultät der Universität München ernannt. Ab 1880 wurde er als Nachfolger des 1. Ordinarius für Pathologie Ludwig Buhl Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie der Medizinischen Fakultät an der Universität München. Der deutsche Anatom und Pathologe starb am 13. August 1909 in seiner Heimatstadt.

Roland Sedivy (* 9. Mai 1963 in Wien) ist ein österreichischer Universitätsprofessor für Pathologie, Medizinrechtsexperte, Autor sowie Lebens- und Sozialberater. Sedivy war von 2007 bis 2016 Leiter der Klinischen Pathologie des Landesklinikums St. Pölten und bis 2019 stv. Chefarzt der Kantonspathologie Münsterlingen (Schweiz). Danach bis 2023 Vorstand des Instituts für Klinische Pathologie, Molekularpathologie und Mikrobiologie der Klinik Favoriten, dem früheren Kaiser Franz Josef-Spital, einem akademischen Lehrkrankenhaus der Medizinischen Universität Wien. Zeitgleich auch Vorstand des Institutes für Pathologie und Mikrobiologie der Klinik Landstraße (früher Rudolfstiftung). Außerdem war er von 2011 bis 2015 Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Klinische Pathologie und Molekularpathologie. Als Universitätsprofessor war Sedivy an der Danube Private University in Krems im Fach Allgemeine Pathologie und Oralpathologie und an der Karl Landsteiner Universität in St. Pölten für Klinische Pathologie tätig. Seit 2019 lehrt Sedivy an der Sigmund Freud PrivatUniversität in Wien und wurde 2023 auf den Lehrstuhl für Klinische Pathologie und Molekularpathologie berufen.