Klingt wie ein Widerspruch! Mancher wird vielleicht das antiquierte Bild eines postmortalen Besserwissers mit erhobenem Zeigefinger vor dem geistigen Auge haben. Allerdings ist es schon lange her, dass sich die Pathologie in der Prosektur erschöpfte. Studien aus den USA zeigen, dass ca. 70% der klinischen Entscheidungen auf Pathologie- und Laborbefunden fußen. Praktisch alle Krebsdiagnosen gehen auf eine Histologie zurück. Zu diesen zählen genauso molekulare Gewebemarker für die zielgerichtete Therapie. Diagnosen der Pathologie geben also Sicherheit!? Genau an dieser Frage setzt das neue Verständnis einer modernen Klinischen Pathologie ein. Unser Fach muss unbedingt Teil des Risikomanagements in einem Krankenhaus sein! Nicht erst zu den Fehleranalysen oder zur Mortalitätskonferenz soll die Pathologie hinzugezogen werden! Den Spezialtrupp der Feuerwehr holt man ja auch nicht, wenn es zu spät ist! Alte Pathologiegenerationen liebäugelten ja mit dieser Skurrilität, doch wir Jungen sehen dies anders! Risikoanalyse ist eine Teamarbeit und hilft im komplexen System des Spitals Fehler zu vermeiden. Schnittstellen beim Gewebetransport, Gewebeversorgung und Materialgewinnung sind nicht allein Sache eines fachfremden Qualitätsmanagers. Natürlich sind wir selbst ebenso gefordert, dass unsere Befunde nicht nur ankommen, sondern auch richtig verstanden werden. So schrieb der bekannte amerikanische Pathologe Paul N. Valenstein 2008, dass Pathologiediagnosen wie Überschriften in Leitartikeln der Tageszeitungen verfasst sein sollten: klar, präzise und kurz. Wahrlich eine Herausforderung! Denn auch in der reduktionistischen Verkürzung liegt die Gefahr des Missverständnisses. So sind synoptische und standardisierte Befunde eine verständliche Forderung für den klinischen Alltag. In Zeiten der Budgetknappheit fehlt es leider oft an der Umsetzung, weil an der personellen und computertechnischen Ausstattung gespart wird. Wie sollen wir Mediziner im täglichen Geschäft Tumorboards, Qualitätskomitees, Klinisch-Pathologische Konferenzen uvm. bespielen, um so die Patientensicherheit zu optimieren, ohne dass uns der Verwaltungsapparat ausreichend unterstützt!? Und die Bedürfnisse, ja eigentlich die Notwendigkeiten einer modernen Pathologie werden dabei oft übersehen. Wäre es nicht langsam Zeit für einen Schulterschluss zwischen klinischen und diagnostischen Fächern? Denn für uns Ärzte setzt nicht die Ökonomie die Grenzen, sondern nur das Gewissen!
19/05/2011