Obduktionsformen
Man unterscheidet 3 wesentliche Obduktionsformen
1. Klinische Obduktion (Spitalsobduktion)
Eine klinische Obduktion, sog. Spitalsobduktion, wird bei Versterben eines Patienten bzw. eines Pfleglings in öffentlichen Krankenanstalten angeordnet - auch im Falle einer unbekannten Todesursache oder nach postoperativem (nach vorgenommenen operativen Eingriffen) Ableben. Sowohl bei diagnostischen als auch im öffentlichen oder wissenschaftlichen Interesse.
Einer der oben angeführten Vorrausetzungen gemäß der Rechtsvorschriften (KAKuG), muss für eine Obduktion erfüllt sein!
- Eine Zustimmung des Verstorbenen noch zu Lebzeiten oder
- post mortem (nach Versterben) seitens der nächsten Angehörigen ist in Österreich NICHT notwendig. Angehörige können aber die Bitte äußern, auf die Obduktion zu verzichten. Sofern dies gesetzlich möglich ist, wird diesem Wunsch vom Pathologen entsprochen. WICHTIG: Nicht der klinische Arzt, sondern der Pathologe entscheidet darüber - daher muss auch der Pathologe vom Wunsch eines Obduktionsverzichtes wissen!!!!
Sofern es das Gesetz zulässt wird auf eine Autopsie aufgrund religiöser Gründe verzichtet.
Darüber hinaus sind Obduktionen in Spitälern auch für Studenten in ihrer Ausbildung und für Ärzte von "essentieller" Bedeutung (Obduktion zu Lehrzwecken).
Die Obduktion ist das Gewissen der Medizin !
2. Sanitätspolizeiliche Obduktion
Wenn nun aber ein Todesfall an öffentlichen Orten (also nicht in Krankenanstalten) oder eine ungeklärte Todesursache vorliegt, beauftragt das Gesundheitsamt (Magistrat bzw. Bezirkshauptmannschaft) bzw. von diesem dazu bestellte Ärzte, sogenannte Totenbeschauärzte eine sanitätspolizeiliche Obduktion. Diese führt meist ein Pathologe durch.
Sanitätspolizeiliche Obduktionen werden auch im Falle einer Identitätsfestellung oder eines Selbstmordes durchgeführt.
3. Gerichtliche Obduktion
Gerichtliche Obduktionen finden stattt, wenn
- die Staatanwaltschaft bzw. das Gericht aufgrund einer Anzeige eine solche beauftragt, weil der Verdacht auf Fremdverschulden vorliegt
- Ebenfalls wird eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet im Fall eines Fremdverschuldens in Verbindung mit einer mors in tabula (Tod am Operationstisch bzw. in Narkose).
Privatobduktion
Eine Privatobduktion ist im Wiener Leichen- und Bestattungsgesetz (WLBG) unter § 13 klar definiert. Diese Form der Obduktion wird nicht von der Behörde angeordnet sondern auf Wunsch der verfügungsberechtigten Hinterbliebenen. Meistens werden solche Obduktionen wegen versicherungsrechtlichen Gründen veranlasst. NUR bei dieser Form der Obduktion muss das Einverständnis der Angehörigen vorliegen!
Vorraussetzungen für Leichenöffnungen in privaten Krankenanstalten:
- nur mit Zustimmung des Verstorbenen zu Lebzeiten oder
- mit Zustimmung der Angehörigen oder
- bei Vorliegen einer gerichtlichen oder sanitätspolizeilichen Anordnung erfolgen
Verlauf einer Obduktion
Im großen und allgemeinen läßt sich eine Sektion in eine äußere und in eine innere Besichtigung gliedern.
Äußere Besichtigung
Der Leichnam wird auf folgende Anhaltspunkte untersucht:
- wahrnehmbare Todeszeichen
- Erfassung von Verletzungen, Narben, Nähten, Behaarung, etc.
- Erstellung von Befunde an Augen, Nase, Mund, Ohren u. andere Körperöffnungen
- Gewicht, Körpermaße
Innere Besichtigung
Bei der inneren Besichtigung werden hier der Leichnam in 3 Stationen "eingeteilt".
1) Schädel
Mit präzisen Hautsschnitten und nachfolgendem Abziehen der Kopfschwarte nach vorne wird die knochige Schädeldecke (Kalotte) kreisförmig umsägt und folglich abgehoben. Der nächste Schritt ist die Herausnahme des Gehirns für eine weitere Untersuchung, um etwaige Blutungen als auch Verletzungen zu feststellen. Falls nötig wird das entnomene Gehirn an die Neuropathologie übergeben.
Nach der Präperation des Schädels folgt nun die Öffnung der zweiten Station. Mit einem großen Medianschnitt, beginnend ab der Höhe der beiden Clavicula (Schlüsselbein) bis hin zur Symphyse (Schambein), wird der Zugang zu den Organen im Halsbereich und im Brust- und Bauchbereich ermöglicht.
Die Brusthöhle wird mittels Durchschneiden der Rippenknorpel und Abheben des Sternums (Brustbeins) geöffnet, um eine Kontrolle des Situs der Brustorgane (Achten auf typische Veränderungen an den Organen) durchführen zu können (Herz- oder Lungensektion)
3) Bauchhöhle bzw. unterer Bauchraum
Letzteres folgt die Inspektion der dritten Körperhohle. Auch hier ist auch auf Veränderungen der Bauchorgane, z.B. Magen, Leber, Magen oder Milz zu achten, und somit auf Todesursache(n) zu stossen (Vergiftungen, etc.)
Was man bei der Leichenbeschau beachten muss
Punkt I
Wer hat die/den Verstorbene/n entdeckt?
Wurde die Lage und Position der Leiche verändert?
Wurden Reanimationsmaßnahmen, Injektionen, Intubationen, etc. durchgeführt?
Punkt II
Analysieren des Umfeldes auf Alkoholflaschen, Zigaretten, Spritzen, Medikamente, etc.
Auffinden von Hinweisen auf Krankheiten (z.B. Krankenschein, Rezepte, etc.)
Punkt III
Feststellen von Lage und Position der Leiche: Rücken, Bauch, Kopflage, Besonderheiten der Extremitätenstellung
Punkt IV
Bekleidung der Leiche: Zustand, Verschmutzungen, Beschädigungen, Blutflecken, Flüssigkeitsdurchtränkungen
Punkt V
Maßnahmen während der Obduktion: Kleider aufgeschnitten, aufgerissen, geöffnet, ausgezogen, etc.
Punkt VI
Beschreibung des Leichnams
- Ausbildung: nicht - gering - mittel - stark
- Farbe: hell - dunkel - dunkelrot - blauviolett
- Wegdrückbarkeit: ja - nein
- Beobachtungen von weiteren Leichenveränderungen
- Skelettierung
- Fäulnis
- Madenbefall
- Mumifizierung
- etc.
- Geruch
- An Mund und Nasse riechen bei Verdacht auf Alkohol
- Kopf
- Inspizieren auf Verletzungen
- Abtasten nach Frakturen
- Augen
- Mittels Ektropionieren werden die Augenober- und -unterlieder umgeklappt zur Feststellung von Fremdkörpern und zur Untersuchung des Bindehautes des Lides
- Nase
- Nasengerüst: intakt - nicht intakt
- Blutungen
- Abrinnspuren, Verlauf
- Schaumpilz
- etc.
- Ohren
- ersichtliche Blutungen: links - rechts
- Abrinnspuren, Verlauf
- Mund
- Position: geöffnet - geschlossen
- Blutung und Flüßigkeitsaustritt
- Abrinnspuren, Verlauf
- Ätzspuren
- Mundhöhle: frei - mit Inhalt
- Zunge: Position; verletzt - unverletzt
- Farbe der Schleimhaut
- Gebiss
- Hals
- Nackeninspektion
- Untersuchung auf Würgemale, Strangulationsfurche, etc.
- Thorax
- Untersuchung von Verletzungen
- Bauch
- Untersuchung von Verletungen
- Genitale
- Vorfinden von Blutungen, Fremdkörper, etc.
- Urinabgang
- After
- Vorfinden von Blutungen, etc.
- Kotabgang
- Arme und Hände
- Verletzungen
- Injektionsstellen
- Verfärbungen
- Suizidale Erkennungsmerkmale (Hautschnitte am Handgelenk)
- Strommarken
- Fingernägel und Nagelbett
- etc.
- Beine und Füße
- Verletzungen
- Verfärbungen
- Strommarken
- Hautblasen
- etc.
- Rücken
- Verletzungen
Zeitaufwand für eine Obduktion
Für eine Obduktion inklusive aller damit verbundenen Untresuchungen und Protokoll-erstellung (siehe unten) ist ein durchschnittlicher Zeitaufwand von ca. dreieinhalb Stunden durchaus realistisch. Natürlicherweise können Obduktionen in etwas kürzerer oder längerer Zeit (je nach individueller Situation: zB komplizierter Verlauf nach Bypass-OP) durchgeführt werden.
Allgemeine Hinweise
Grundsätzlich sind bei jeder Obduktion auf folgende Punkte zu achten:
- Sauberkeit und Ordnung
- Sorgfältige Behandlung des Leichnams bzw. der Leichenteile
- entnommene Organe in Organbehälter
- Körperflüssigkeiten in Behälter
- Hände und Unterarme von Blut ständig freihalten
Abfassung des Protokolls
Während und nach Beendigung der Obduktion wird ein Befundbericht ausgestellt, bestehend aus Protokoll und der Obduktionsdiagnose.
Jedes einzelne sezierte Organ wird so exakt wie möglich mit Eigenschaften beschrieben - wie in etwa Größe, Gewicht, Konsistenz, Farbe, Form, Beschaffenheit von Oberfläche und Schnittflächenm, Herdbefunde.
Muster einer pathologisch - anatomischen Diagnosenliste
Amtlicher Totenschein
Instrumente, die bei einer Obduktion eingesetzt werden